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Donator (Frankreich) Mai 2008
Morgens um 8 ist die Welt noch in Ordnung zumindest, wenn man nach einer stürmischen Nacht vor den Iles d`Hyeres auf einem nun friedlichen Meer einem recht aufregenden Tauchgang entgegenfährt - einem Tauchgang hinab zum Wrack der Donator.
Es war unser letzter Morgen als Gast an Bord des einzigartigen Tauch-Katamarans „Sea Anemone“ von Clownfish Diving der beiden Eigner Andres Ketzel und Fabienne Zielinsky.
In der Nacht zuvor hatten wieder heftige Sturmböen um das Boot getobt und kaum glauben lassen, dass dieser neue Tag so sanft und strahlend beginnen würde. Dennoch hatten wir unseren Plan für einen Early Morning zur Donator realisiert und uns mehr oder weniger mühsam kurz nach 7 aus dem Bett gequält. Nach einem kurzen, sehr kurzen Frühstück waren wir in unsere noch immer nassen Tauchanzüge gestiegen und vom Katamaran in die Bombard geklettert, um zum Tauchplatz zu fahren.
Eine fast spiegelglatte See, eine buttergelbe Morgensonne, die sich zwischen den grauweißen Wolkenschichten durchkämpfte und vor allem: weit und breit kein Mensch, kein Boot zu sehen, als wir der Position der Donator entgegenfahren.
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Le Donator, oder eigentlich: „Prosper Schiaffino“, war ein Frachtschiff, das im Jahre 1931 vom Stapel lief, damals noch unter dem Namen „Petite Terre“. Als sie 1939 vom Reeder Charles Schiaffino gekauft wurde, wurde sie auf „Prosper Schiaffino“ umgetauft. Zu den besten Zeiten hatte die Reederei an die 20 Schiffe, doch die Prosper Schiaffino war wohl das letzte und einzige das den Zweiten Weltkrieg überlebt hatte. Umso tragischer, dass sie dennoch den Folgen des Krieges, nämlich einer Kollision mit einer noch nicht geräumten deutschen U-Boot-Mine, zum Opfer fiel und unterging.
Nach einer erfolgreichen Lieferung von Trockengemüse nach Nordafrika, verließ die Donator den Hafen von Mosatganer mit einer Ladung Wein Richtung Frankreich. Am 10. November 1945 kämpfte sich das Schiff bei heftigem Mistral und stürmischer See zwischen Porquerolles und Port Cros der Heimat entgegen, als sie um 13.10 Uhr die Mine traf. In kürzester Zeit war soviel Wasser in den Rumpf eingedrungen, dass sich das Heck steil hob und das Schiff binnen Minuten versank. Nicht alle Besatzungsmitglieder konnten gerettet werden, so dass die See zum Grab für mindestens 2 Männer wurde.
Die Donator war fast 79 m lang und 12 m breit bei einem Tiefgang von 5,5 m. Heute liegt sie auf sandigem Grund auf einer maximalen Tiefe von 51 m (Bug), während das Heck auf 48 m liegt. Diese Tiefe und die üblichen starken Strömungen machen einen Besuch der Donator zu einem sehr anspruchsvollen Tauchgang, der nur von erfahrenen und gut ausgebildeten Tauchern durchgeführt werden sollte.
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Als wir den Tauchplatz erreichen, vertäut Andreas unser Schlauchboot mit der Boje, die das Wrack markiert. Wir vier Taucher machen uns fertig, Handschuhe und Masken ordentlich ins Gesicht gezogen denn bei diesen Temperaturen und der Tiefe soll uns nicht Kälte unnötig und verfrüht zum Aufstieg zwingen.
Und unerwarteter Weise: keine Strömung!
So tauchen wir an der Bojenleine entlang zügig ab. Es war der zweite Tauchgang in dieser Woche zur Donator. Der erste ich gebe es zu war mein erster Tauchgang tiefer als 40 m und ich war mehr mit mir als mit dem Wrack beschäftigt gewesen. Diesmal aber wollte ich mir nichts von dem Schiff entgehen lassen! Gespannt strebe ich dem Wrack entgegen, endlich taucht es schemenhaft aus dem Blau auf. Die Umrisse, die Größe, die Formen, alles wird langsam klarer. Ich bin so gespannt, dass ich vergesse, Luft ins Jacket zu lassen und erst als ich fast mit beiden Füssen auf dem Deck lande, wird mir die Situation bewusst. Also schnell aufpumpen und dann Staunen und Staunen und Schauen und Schauen.
Ich bin ein „Mädchen“, und Schiffe (liebe Mittaucher, verzeiht mir) interessieren mich nur bedingt.
Aber der Bewuchs dieses Schiffes ist einfach zauberhaft: Violettrote, riesige Gorgonien wachsen überall! Vor allem die Bordwände, an denen wir entlang schweben um einen Eindruck von wenigstens demn hinteren Teil des Schiffes zu erhalten, erinnern an einen blühenden Unterwassergarten. Ein riesiger Zacki beäugt uns gleichgültig, als wir an ihm vorbei schwimmen. Schwärme von Fahnenbarschen stehen über dem Deck. Die Deckaufbauten sind mittlerweile nur nach als Gerippe vorhanden, doch das Leben, das heute hier entstanden ist, entschädigt für alles.
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Obwohl wir wissen, dass Andreas für alle Fälle eine Sicherheitsflasche unter das Boot gehängt hat, beginnen wir doch zeitig unseren Aufstieg.
Nach einer kurzen Pause zur Tiefenentsättigung am Bojenseil auf 18 m, machen wir unseren Stopp auf 5 m und starren hinab ins tiefe Blau, wo doch aber das Schiff gar nicht mehr zu erkennen ist.
Stattdessen treiben wundersame filigrane Quallengebilde an uns vorbei, wie Wesen aus einer anderen Welt.
Es war ein wunderbarer Tauchgang.
Die Donator hat mich nicht zum letzten Mal gesehen ...
by: Eva-Maria Reiter
07. Juni 2008 |
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